Monat: Februar 2011

Bilder!

Habe jetzt doch ein schnelles Internetcafe gefunden und konnte ein paar Bilder hochladen! Sie sind im Eintrag „rolling hills…“ und beziehen sich auf die davorliegende Woche (also „vom Dach der Tour“). Habe leider keine aktuellen Bilder dabei, da ich davon augegangen bin, ohnehin nix verschicken zu koennen. Ab Kenia gibts wieder Bilder UND Text.

Take care and enjoy your live. Its the one and only.

Rolling hills…

rolling hills...

im aufstieg zur blue nile gorge. noch 2 km bis zum gipfel

Guten Tag, mein Name ist Money und ich bin eine radelnde Geldspuckmaschine. So kam ich mir zumindest in den letzten Tagen vor, denn seit Addis Ababa haben die „you, you“-Rufe nahezu aufgehört und sind durch „money, money“-Rufe abgelöst worden.

Für uns Radler ist das ein konstantes Wechselbad der Gefühle, denn wenn man über 100 Kilometer nahezu jeden Menschen, der einem begegnet (und in Äthiopien begegnen einem VIELE Menschen…) „money, money“ rufen hört und dabei ausgestreckte Hände sieht, geht einem das irgendwann auf die Nerven.

Und auf die Nieren, denn hinter all dem steht ja auch immer noch die Frage, wie es den Menschen hier eigentlich wirklich geht…

die abfahert der gorge. gegenueber kann man den aufstieg erkennen

Für mich waren die letzten Tage die zugleich schönsten wie auch traurigsten Tagen auf meinem bisherigen Tour-Abenteuer.

Gestern beispielsweise stand eine 116 Kilometer-Etappe an, die mit einem langen Anstieg (17 Kilometer) begann, der einfach phantastisch war. Das lag einerseits an einer wirklich schönen Strecke, die fordernd aber nicht überfordernd war, andererseits aber auch daran, dass wir just zu jenem Zeitpunkt auf der Straße waren, als die Kinder auf dem Weg in die Schule waren. Die Straßen zu beiden Seiten waren gesäumt mit begeisterten Kindern und Jugendlichen, die uns nach Kräften anfeuerten und großen Spaß hatten, uns so leiden zu sehen. Bisweilen fühlte ich mich wie bei der Tour de France, wenn es den Alpe d’Huez hinaufgeht und die Gasse für die Fahrer immer enger wird.

heissgeliebte coke (oder macciato-) stopps

Aber auch wir hatten unseren Spaß. Während ich mich durch diese wogende Masse den Berg hinaufschraubte, probierte ich sämtliche mir vorliegenden Fremdsprachkenntnisse aus und konnte feststellen, dass es ziemlich egal ist, ob man nun auf Englisch, Deutsch, Amharisch, Tschechisch, Französisch, Kisuaheli oder Niederländisch kommuniziert – die Antwort ist immer dieselbe: nämlich großer Jubel und Gelächter.

Die Kids liebten es, egal, ob ich mit einem „Guten Morgen, alle miteinander“ an ihnen vorbei fuhr, ihnen ein „Salut, tous le monde“ zurief oder landestypisch mit „Salam“ grüßte. Hauptsache, ich rief etwas und winkte dabei fröhlich.

Großen Erfolg hatte ich auch mit einer La-Ola-Welle, die ich in einem Dorf ausprobierte und die versammelte Zuschauerschaft damit in lautstarke Begeisterung versetzte. Es war einfach phantastisch, was aber auch daran lag, dass die Kids wirklich mit fröhlicher

auf dem dah der tour - 3211 meter, alle hochgeradelt. uff!

Begeisterung bei der Sache waren und nur selten mal ein „money, money“ zu hören waren.

Die vier Radel-Tage seit Addis Ababa waren aus meiner persönlichen Sicht die bislang besten seit dem Start in Kairo. Die Landschaft war grandios, die Anstiege teilweise wunderschön zu fahren und die Abfahrten rasant. Gesundheitlich bin ich derzeit in jeglicher Hinsicht auf dem Damm, und dass die Kraft da ist, konnte ich vor allem an den Anstiegen spüren.

Entsprechend früh kam ich jeden Tag im Camp an, obwohl ich mir nach dem Lunch stets noch eine ausgedehnte Pause in einem dieser phantastischen Macchiato-Lokale gegönnt und das Leben genossen hatte.

Die Strecke bestand vor allem aus den schon mal erwähnten „rolling hills“, die südlich von Addis Ababa allerdings nicht mehr ganz so unbarmherzig wie im Norden sind. Mental sind sie trotzdem herausfordernd, denn meistens sieht man während der Abfahrt schon den gleich beginnenden Anstieg und „freut“ sich auf die dann einsetzende Bremswirkung. Insgesamt sind wir in den vier Tagen erneut auf rund 6.000 Höhenmeter gekommen, obwohl wir bis auf 1.500 Meter hinabgestiegen sind.

unsere konkurrenz auf der strasse ist gross, laut und stinkt

Der Straßenbelag hat sich leider etwas zum Negativen verändert. Rau, von dicken Löchern durchsetzt und häufig mit Rollsplitt belegt. Zudem gab es regelmäßig ein paar off-road-Abschnitte, die von Staub und Steinen geprägt waren.

Auf der heutigen letzten Etappe nach Arba Minch (116 km) kurbelten wir sogar weitestgehend auf teilweise übelster off-road-Piste, die schlimme Erinnerungen an den Sudan weckten. Zudem zeigte sich die Jugend in einigen Dörfern etwas arg aggressiv und empfing uns schon am Ortseingang mit Steinen und Stöckern. Äthiopien ist und bleibt ein Land, in dem man ständig zwischen „ich liebe es“ und „ich hasse es“ schwankt.

Der Ruhetag in Arba Minch ist der letzte in Äthiopien und zugleich die letzte Chance, sich auf sieben aufeinanderfolgende Radeltage vorzubereiten, von denen die meisten wohl off-road sein werden. Mit dem Grenzübertritt nach Kenia werden wir dann „endlich“ auch auf die berühmt-berüchtigte Lavapiste treffen, über deren Horror schon seit Kairo wilde Gerüchte durch das Lager geistern.

Immerhin soll das Internet in Kenia im Vergleich zu Äthiopien ein Traum sein, so dass ich wohl auch endlich mal wieder Bilder posten kann – hier geht das bei Spitzengeschwindigkeiten von 1 Bit pro Minute schlicht und einfach nicht.

das ethiopisch-deutsche hotel, von dem ich schrieb

Zum Schluss noch etwas trauriges. Gestern musste ein niederländischer Fahrer (Henry) nach Hause fliegen, weil er sich bei einem Zusammenprall mit einem Mädchen am Ellenbogen verletzt hatte und die Wunde trotz eines zweitägigen Krankenhausaufenthaltes in Addis Ababa nicht heilen wollte.

Das zeigte einmal mehr, wie knapp der Grat ist, auf dem wir hier wandeln. Henry hofft, in den Niederlanden zu regenerieren und in drei Wochen zurückzukommen. Ich drück Dir die Daumen, Henry!

Ich hingegen konnte von Glück reden, denn gestern hätte es um ein Haar mich erwischt – und zwar verdammt knapp. Ich war ungefähr mit 50 km/h abwärts unterwegs, als ich in ein Dorf kam, an dessen Ausgang ein Seil über die Straße gespannt war – die dienen hier häufig als Begrenzung für Kontrollposten. Als ich das Seil sah, war es längst zu spät, um noch zu bremsen, doch gottseidank hatte der Wachposten aufgepasst und senkte das Seil wenige Sekunden vor meiner Ankunft rasch ab – ich hatte mich schon durch die Luft fliegen sehen. Danach musste ich erstmal anhalten und mein wild pochendes Herz beruhigen. Was passiert wäre, hätte der Posten das Seil nicht mehr rechtzeitig auf die Erde bekommen, mag ich mir wahrlich nicht ausmalen.

Soviel für den Moment von Euerm „hardy cyclist“

ENGLISH UPDATE

Sorry, your guys, again no proper english update. just a shortage of time. I am fine, cycling as good (and fast)as never before and feeling well in general. Ethiopia is a fascinating country that you either hate or love – most of the time both, and that is on the same day. Try to write a bit more neext week and update you properly. We have seven days of cycling coming up. Only two are paved, five are off-road. So, that means suffering again.

Big hugs to all of you, going to have some ethiopian cake now on you

Gruesse vom Dach der Tour

Meine Güte, was war das für eine Achterbahnwoche!
8.500 Höhenmeter haben wir in den sieben Tagen überwunden, seit wir Gonder verlassen haben. Den Nichtradlern unter Euch mag das nicht viel sagen, doch die Konsequenzen können wir alle an unseren müden Beinen ablesen. In Äthiopien geht es nur in zwei Richtungen: entweder bergauf oder bergab. Und das nicht zu knapp. Gestern zum Beispiel war unsere 105-Kilometer-Strecke nach Addis Ababa (Lektoren, lasst die Rotstifte stecken, die Stadt heißt tatsächlich Ababa, und nicht Abeba!) eine einzige Achterbahnfahrt. Über fast die gesamte Zeit ging es über ungefähr zwei- bis drei Kilometer mit 6 bis 8 Prozent zunächst bergab und dann über eine ähnliche Distanz wieder bergauf. In der Praxis hieß das, dass ich mich regelmäßig für etwas zwei Minuten mit bis zu 65 Stundenkilometern die Abfahrten heruntergestürzt habe, um in der Sohle kurz noch mal alles zu geben, ehe ich dann am Anstieg das Gefühl hatte, an einem gigantischen Gummiband zu hängen und mit wohlwollend 12 km/h den Anstieg hochächzte. Die Kette wechselte eigentlich nur von ganz rechts nach ganz links und dann wieder nach ganz rechts – und das über mehr als 100 Kilometer! Einfach eine irre Strecke, die ich in meinem Leben noch nicht gefahren bin.
Aber ich so manches von dem, was ich hier tue, in meinem Leben noch nicht getan. Zum Beispiel zweimal binnen eines Monats mit der großen Scheiß- und Kotzerei flach zu liegen und keinerlei Möglichkeit zu haben, die Sache auszukurieren. Ich hatte ja schon von meiner etwas turbulenten Nacht vor dem Aufstieg nach Gonder berichtet. Von Gonder bin ich dann nach Bahir Dar geradelt, ehe ich in Bahir Dar erneut meinen Mageninhalt zur Beschauung frei gab – übrigens recht
spektakulär über die Balustrade der Hotelterrasse in dritten Stockwerk und zum Erstaunen eines größeren Publikums (will sagen: ich habe Tour-Geschichte geschrieben..). Spätestens da war klar: auch ich habe mir die im Camp grassierende Magen- und Darminfektion eingefangen. Zwei Tage kämpfe ich vergeblich dagegen an, ehe der erneute Griff zum Antibiotika unausweichlich wurde. Insgesamt verlor ich durch die ganze Sache zwei Fahrtage, an denen ich mit leichenbitterer Mine auf dem Truck saß und hinter jedem Baum ein vermeintlich Klo sah. Schöne Scheiße, im wahrsten Sinne des Wortes.
Am dritten Tag war ich dann endlich wieder fit und konnte an jenem Spektakel teilnehmen, auf das ich mich sehr gefreut habe und das ich nur höchst ungern verpasst hätte: der Durchquerung der Blue Nile Gorge, der Schlucht des Blauen Nils. Das ist ein traditionelles Highlight auf der TdA und zudem ein Ereignis, an dem stets ein Bergzeitfahren angesetzt ist. Auch darauf hatte ich mich gefreut – aber dazu später mehr.
Nach drei Tagen wieder auf dem Bike zu sitzen, war phantastisch aber auch anstrengend. Das Dumme an den Magen-/Darmsachen ist ja, dass man einfach seine Kräfte einbüßt. Man verliert viel Energie durch die übermäßigen Ausscheidungsvorgänge, und die Nahrungsaufnahme ist, nun, sagen wir mal, „schwierig“. Entsprechend vorsichtig bin ich
losgefahren, denn am Ende der Etappe wartete ein 20 Kilometer langer und berüchtigt schwerer Anstieg, den ich um alles in der Welt fahren (und nicht schieben!) wollte. Und ich kann stolz verkünden, dass ich es geschafft habe! Zwar bin ich im Zeitfahren Schlusslicht geworden, doch das lag zum einen an den erwähnten Schwächen und zum anderen an meinem Beschluss, dass mir die Zeit egal ist. Folge: Insgesamt kann man von meiner Fahrzeit sicherlich ne Stunde abziehen, während der ich einen ausgedehnten Coke-Stopp gemacht habe (es gab eiskalte Cola, da musste ich gleich zwei von vertilgen) und zudem zigfach anhielt, um die grandiose Aussicht zu genießen und Fotos zu schießen. Bei einem Zeitfahren natürlich nicht die wirklich effektive Vorgehensweise, um ein gutes Resultat zu erzielen.
Insgesamt war die Etappe der Wahnsinn. Ich will mal versuchen, das mit Worten zu beschreiben. Vom Camp ging es über 48 Kilometer welliges Terrain bis zum Lunch-Stopp, der auf etwa 2.400 Metern über
Meeresspiegel direkt an der Kante der Schlucht lag (wer grade eine Äthiopien-Karte zur Hand hat: das war in Dejen). Dann ging es hinab, und ich stürzte mich in die wildeste Abfahrt meines Lebens. Über eine mit Schlaglöchern, Rollsplitt, Hitzebeulen etc, gespickte Straße ging es in schönen Serpentinen über 20 Kilometer hinab ins Tal, das auf 1.100 Meter Höhe liegt. Wie im Rausch jagte ich an zig den steilen Berg nur herunterkriechenden LKW vorbei und versuchte, urplötzlich auftauchenden Dingen wie Esel, Kühen oder Mopedfahrern auszuweichen. In der Spitze schlug mein Tacho bis auf 69 km/h aus, und vom ständigen Bremsen glühten mir förmlich die Armgelenke. Zudem musste ich ständig anhalten, um diese wahnwitzige Aussicht auf das gesamte Flusstal zu fotografieren. Viel zu schnell war ich dann unten, wo Gabriel schon auf mich wartete, um mir das Freizeichen für das Bergzeitfahren zu geben. Mit dem schlauen Spruch „you want to play, you have to pay“ erinnerte er mich noch mal daran, dass ich nun für die schöne Abfahrt mit einer umso härteten Auffahrt bezahlen müsse und schickte mich auf die Reise. Schon nach der ersten Kurve zeigte mir der Berg seine hässlich Fratze: eine schnurgerade 10-Prozent-Rampe wollte erklommen werden – und das bei ungefähr 35 Grad, denn unten im Tal war es deutlich wärmer als oben auf der Hochebene.
So ging das dann über 20 Kilometer. Wie der Mont Ventoux hat auch die Blue Nile Gorges nur wenige Stellen, an denen der gebeutelte Radler mal ein wenig durchatmen kann. Ich kann mich überhaupt nur an zwei Momente erinnern, in denen das Gefälle mal unter 6 Prozent fiel, und die beiden waren vernachlassenswert kurz. Hinzu kam folgendes Problem: Bei den Vorbereitungen auf die TdA habe ich lange überlegt, welche Schaltung ich montieren will. Nach langem hin- und her habe ich mich eine Kompaktschaltung mit 50/34 entschieden, die ohnehin auf meinem Cross-Rad drauf war und grundsätzlich sowohl auf flachen als auch auf bergigem Terrain gut geeignet ist. Hier aber habe ich meiner Dreifach-Schaltung (die ich am Rennrad habe) bitterlich
hinterhergeweint und mir einen „Rettungsring“ gewünscht. Ich glaube, ich habe auf dem gesamten Berg höchstens zehnmal geschaltet. Nahezu ständig lag die Kette komplett links, quälten sich meine Beine wie in Zeitlupe hoch und runter, um Rad und Fahrer irgendwie in Schwung zu halten.
Und doch hat es unendlich Spaß gemacht! Berge fahren ist einfach die Krönung im Radsport, und so fuhr ich zwar langsam aber stetig an den Flanken meines Gegners der Sonne entgegen. Irgendwann war die Hälfte erreicht, und der erwähnte Coke-Stopp mit der wirklich EISKALTEN Cola bremste mich für mehr als eine Viertelstunde aus, dann kam ein etwas längerer „gemäßigter“ Anstieg (zwei Kilometer 4-6 Prozent), ehe es im letzten Drittel noch mal mit bis zu 13 Prozent so richtig zur Sache ging. Dann war ich oben, und ich war einfach nur noch … stolz. Scheiß auf meine miserable Zeit, scheiß aufs Rennen, ich hatte die Blue Nile Gorges erklommen. Ich war unschlagbar!
Am nächsten Tag ging die Kletterei weiter, und die Höhenmeter purzelten weiterhin fleißig aus meinem Tacho heraus. Irgendwann erreichten wir mit 3.122 Metern den höchsten Punkt, den wir während der gesamten TdA überqueren. Das „Dach der Tour“ war erreicht, und stilgerecht gab es dort oben einen Lunchstopp sowie eine Fotosession für jeden willigen Fahrer. Die Hoffnung, dass es danach nur noch bergab gehen würde, wurde aber rasch getäuscht, denn dies hier ist Äthiopien. Erst 20 Kilometer vor dem nächtlichen Camp hörten die Achterbahnwellen auf, ging es nahezu kontinuierlich talwärts, flog ich förmlich ins Lager.
Auf dem Weg dorthin passierte ich ein Schild mit der Aufschrift „Etiho-Germany Park Hotel“, das natürlich mein Interesse weckte. Unser Camp war nur einen guten Kilometer entfernt, und so bin ich
Nachmittags mal losgegangen, um zu gucken, was denn so ein
„Etiho-Germany Park Hotel“ ist. Was ich entdecke, ist ein Paradies, das ich Euch leider nicht zeigen kann, da ich dummerweise meine Kamera nicht mitgenommen hatte. Geführt von einem Äthiopier, der 38 Jahre lang in Deutschland gelebt und ein Restaurant geführt hatte, besteht es aus kleinen Rundhütten und einem sehr gepflegten Restaurant, das wahrlich alle Möglichkeiten zur gepflegten Entspannung bietet. Die Übernachtung kostet 200 Birr pro Hütte (1 Euro sind 14 Birr), wobei der gigantische Ausblick auf ein Tal eines Nebenflusses des Blauen Nils schon das Geld wert ist. Der Chef des Hauses, der ein absolut perfektes und fehlerfreies Deutsch spricht, hat zudem jede Menge Geschichten aus der Region auf Lager. Wer mal was Besonderes machen will… ich habe die Telefonnummer mitgebracht…
Äthiopien ist ganz bestimmt einen Besuch wert. Für mich ist es das bislang spannendste und interessante unserer drei bereits
durchquerten. Es ist landschaftlich wunderschön (die Hochebene erinnert häufig an die Alpenhochebene, nur das hier alles gelblich trocken und eben nicht saftig grün ist, obwohl wir hier grade mitten im Winter sind und die Einheimischen alle in dicken Klamotten rumlaufen), die Städte/größeren Orte bieten eine üppige Infrastruktur und die Einheimischen sind aufgeschlossen und häufig auch des Englischen mächtig. Im Gegensatz zum Sudan ist vieles westlich geprägt. Viele Menschen tragen westliche Kleidung und verhalten sich „westlich“ (lasst mich das jetzt hier bitte nicht definieren…). Dazu gehören auch Sonnenbrille, Handy und Macho-Gehabe bzw. bei den Frauen bisweilen sehr sexy Kleidung. Gleichzeitig sieht man viele
traditionell gekleidete Landbewohner, die ihr Vieh über die Straßen treiben. Das ganze gibt dann ein Gemisch, dem man stundenlang zuschauen kann (wenn man nicht immer mal wieder Rad fahren müsste) und immer wieder etwas neues entdeckt.
Und noch etwas fällt auf: die Äthiopier sind fast ausnahmslos sehr hübsche Menschen. Das gilt für Männer wie Frauen gleichermaßen. Sie haben einen würdevollen und zugleich lässigen Gang, gehen fast kerzengerade aufrecht und haben weiche, feine Gesichtszüge. Außerdem lachen sie gerne und viel.
Aber Äthiopien hat auch ein zweites Gesicht. Wie quasi überall in Schwarzafrika sind es auch in Äthiopien die Frauen, die fast alle schwere Arbeit leisten und ohne die sämtliche Strukturen vermutlich zusammenbrechen würden. Jeden Tag begegnen uns in den Dörfern und Orten zig Frauen (bzw. häufig noch Mädchen), die turmhoch mit Brennholz oder Marktware bepackt sind und damit häufig kilometerweit laufen müssen, während die Männer gemütlich in den Kneipen sitzen und dieses Gânja-Kraut kauen, das einen mehr als nur leicht bekifft macht. In Afrika führen viele Lösungen zweifelsohne über die Frauen, und da darf ich dann gleich mal wieder die Arbeit von Plan International ins Blickfeld rücken, die genau das berücksichtigt,
Ein weiteres Gesicht, das vor allem wir ständig zu sehen bekommen, sind die Kinder. Die sind manchmal einfach unfassbar unglaublich. An das ständige „you, you“ kann man sich ja vielleicht noch gewöhnen. Aber an das permanente „money, money“…. Vorgestern hielt ich in einem Ort, weil ich ein Foto machen wollte. Von weiten sah ich einen kleinen Jungen von vielleicht fünf Jahren auf mich zulaufen, der immer wieder nur „money, money“ rief. Irgendwann stand er mit ausgestreckter Hand vor mir und guckte mich mit großen Augen an, wobei er weiterhin sein „money, money“ rezitierte. Man ist manchmal einfach sprachlos. „You“ und „money“ sind häufig die einzigen englischen Worte, die die Kids können, wodurch keinerlei Konversation möglich ist. Während die jüngeren Kindern zumindest auf Lächeln oder Gesten noch ansprechen und häufig zurücklachen, werden die älteren böse, wenn man nichts gibt. Daraus resultieren dann im Endeffekt auch die Steinwürfe, die sich in der Woche fortgesetzt und auch mich betroffen haben. Ich würde gerne mal den Effekt von humanitärer Hilfe und das Verhalten der
äthiopischen Kinder (und die hohe AIDS-Rate bzw. dadurch bedinget Waisenrate) in Zusammenhang bringen. Ich vermute, da würden sich ein paar interessante Aspekte ergeben.
Wow, das war nun ein echter Monolog. Ich hoffe, ich habe Euch nicht zu sehr gelangweilt und ihr schaltet wieder ein, wenn ich in vier Tagen aus Arba Minch das nächste Mal funken werde. Bestimmt gibt es bis dahin wieder ein paar Berge- und Täler zu über- bzw. durchqueren, und bestimmt erleben wir auch wieder ein paar neue Sachen. Und ich hoffe, ich muss Euch (und mich) bis zum Ende der Reise nicht mehr mit Magen- und Darmgeschichten belästigen. Denn die bin ich wirklich ziemlich leid. In diesem Zusammenhang auch gleich noch eine Verlautbarung an all diejenigen unter Euch, die mich hier nicht nur als Afrikareisenden sondern auch als Radrennsportler sehen. Weil ich die Befürchtung habe, dass ich mich, ohne es zu wollen, wegen des Rennens manchmal einfach etwas zu sehr pusche, habe ich folgendes beschlossen:
ich werde weiterhin als Rennfahrer angemeldet sein und auch am Rennen teilnehmen, mich aber nicht mehr für meine Zeiten interessieren, solange ich hier unten bin. Erst, wenn ich zurückkehre, schaue ich sie mir an. Dieses Rennen führt beispielsweise zu der absurden Situation, das man sich „Rennen im Rennen“ liefert. Will heißen, ich sehe, ich bin auf Platz 15 und habe 14 Minuten Rückstand auf Fahrer X, der 14er ist. Am nächsten Tag sehe ich Fahrer X zufällig auf der Straße und denke „oh, die 14 Minuten knöpf ich ihm jetzt ab“. Also gebe ich Vollgas und rase durch irgendwelche äthiopischen Dörfer, durch die ich in meinem ganzen Leben nie wieder kommen werde, um am Ende des Abend statt auf Position 15 auf Position 14 zu stehen. Leuchtet der dahinterstehende Wahnsinn ein? Daher werde ich mich ab sofort nicht mehr um meine Platzierung/Zeiten kümmern, sondern einfach fahren und gucken, wo ich am Ende lande (hinzu kommt übrigens noch eigene Blödheit. Gestern zum Beispiel ging das Rennen nur bis zum Lunchstopp. Ich war schon eine halbe Stunde da und hatte bereits ein leckeres Baguette verzehrt, als mir das einfiel und ich mich ausloggte – wir haben so einen kleinen Pin, mit dem wir uns beim Start einloggen und am Ziel ausloggen müssen – ich habe also eine halbe Stunde Fahrzeit hinzubekommen, weil ich zu blöd war, rechtzeitig auszuloggen…) Schöne Grüße in die Heimat von Euerm „hardy cyclist“

Sorry, keine Bilder. Bin zwar in der drittgroessten Stadt Afrikas, aber die Internetverbindung war nie schlechter…

Rest Day in Bahir Dar

Schon mal was von Bahir Dar gehört? Ich nicht. Schade eigentlich, denn es ist ein höchst angenehmer Ort am Lake Taha, der eine gemütliche Atmosphäre ausstrahlt und in dem selbst die äthiopischen Kinder ihr unablässiges „you, you“ vergessen zu scheinen haben. Man kann gemütlich über die Straßen flanieren, ohne ständig angesprochen zu werden, was ein höchst angenehmer Unterschied zum Radeln durch das äthiopische Hochlandplateau ist. Und wie in Gonder verfügt auch Bahir Dar über jede Menge Restaurants, Cafes und Saftshops, denen ich mich nach Fertigstellung dieses Blogeintrages mal wieder hingeben werde. Vor allem die frischgepressten Säfte haben es mir angetan, und ich überleg schon die ganze Zeit, ob es eher Mango oder eher Papaya sein soll. Es ist im Übrigen erstaunlich, welche Mengen an Nahrungsmittel man auf solch einer Tour so in sich reinstopfen kann… (und trotzdem kontinuierlich abnimmt).
Und das in einem Land, auch das sollte mal gesagt werden, in dem noch immer rund die Hälfte der Einwohner unterernährt ist und nicht einmal jeder zweite Zugang zu sauberem Trinkwasser hat. Unter diesen Gesichtspunkten relativieren sich meine Probleme wahrlich zu Luxussorgen. Vor allem in den Städten kann man den krassen Unterschied zwischen arm und reich sehen. Da sitzen dann westlich gekleidete Äthiopier mit Handy und Sonnenbrille, während völlig verlumpte Kinder (Äthiopien hat dank AIDS rund eine halbe Mio. elternloser
Straßenkinder) wortlos um ein paar Birr betteln und in der Regel mit einem achselzuckenden Blick abgewiesen werden. Meine
Partnerorganisation „Plan International“ ist übrigens auch in Äthiopien aktiv. Schaut mal oben in der Leiste unter
„unterstützung/support“.
Nach den beiden Rest days in Gonder ging es am Montagmorgen weiter südlich durch das Hochland in Richtung Bahir Dar. Gonder zu verlassen war ein Abenteuer in sich. Zum einen ging es über 20 Kilometer bisweilen sehr steil bergab, zum anderen liegt am Fuße der Stadt eine Art Industriequartier, in dem ein Gewühl herrschte, das alles, was wir bislang erlebt hatten, in den Schatten stellte. Liebend gerne hätte ich einfach die Kamera draufgehalten und die Ortsdurchfahrt gefilmt, doch das wäre lebensgefährlich gewesen, denn ich brauchte wirklich beide Hände am Lenker, um mich durch dieses Chaos aus Ochsen- und Eselkarren, Bussen, LKW, Tuk-Tuks, Motorrädern etc. zu navigieren, Die Tiere marschieren einfach kreuz- und quer über die Straße, der entgegenkommende Verkehr überholt ohne Rücksicht auf Verlust und jeder (jeder!) äthiopische LKW-Fahrer betätigt seine bisweilen martialische Hupe, sobald er uns zu Gesicht bekommt. Es war also eine wahre Kakophonie der Eindrücke, Gerüche und Geräusche, bei der wir alle etwas erleichtert waren, als wir sie hinter uns gelassen hatten. Dann kam der erste Berg und ich merkte, wir sind auf 2.000 Metern. Meine Güte, ging das an die Substanz. Ein Gefühl, als halte mir jemand einen Filter vor die Nase, so schwer war es, die Luft durchzupressen. Nach den vier Wochen fast auf Meeresspiegel fiel uns die Höhenlage natürlich doppelt schwer, und so hatten auch die Spitzenfahrer tüchtig zu kämpfen mit der dünnen Luft. Da macht man was mit!
Die Etappe ging über 117 KM und hatte zwei wunderschöne Anstiege zu bieten, die wirklich nett zu fahren waren. In Serpentinen schraubten wir uns die Berge hoch, und hinter dem Gipfel kam jeweils die Belohnung mit rasanten Abfahrten. Die eine führt direkt zum
Lunchstopp, die andere auf eine 20-km-Gerade, die uns dann ins abendliche Camp führte. Die Gegend ist unglaublich dicht besiedelt. Überall laufen Menschen auf den Straßen rum, selbst in scheinbar einsamen Gebieten im Hochland. Fast alle tragen Stöcker über ihren Schultern, und nach den Ereignissen der letzten Tage sieht man so etwas immer mit etwas Skepsis. Sobald man anhält, ist man binnen Sekunden von Kindern umringt, die „you, you“-Rufen oder gleich nach „money“ fragen. Ein manchmal sehr trauriges Bild, das ebenfalls den Kontrast zwischen arm und reich im Land verdeutlicht. Für die Äthiopier sind wir eine seltene Chance, mal einen Weißen aus der Nähe zu beobachten. Die anderen Weißen, die kommen, sitzen ja in ihren klimatisierten Geländewagen und steigen nur an den touristischen Hotspots aus. Wir hingegen durchradeln ihre Dörfer, und weil es dabei manchmal tüchtig bergauf geht, sind wir noch nicht einmal wirklich schnell. Man kann also bequem neben uns herlaufen und gucken, was der komische Weiße da so macht.
Keine Privatsphäre zu haben, ist für unsereins gewöhnungsbedürftig. Dreimal musste ich anhalten, ehe ich endlich einen Platz zum Pinkeln fand, an dem ich nicht sofort von neugierigen Kindern umringt war. Und auch das Gefühl, am Straßenrand zu sitzen, einen Energieriegel zu essen und dabei von ungefähr 25 Kinderaugen angeblickt zu werden, ist etwas eigenartig.
Nach einer ordentlichen Fahrt war ich recht früh im Camp, in dem die Stimmung etwas gedrückt war. Zig Leute sind krank, und das Kotz- und Würgkonzert in der Nacht zum nächsten Tag war vielstimmig. Das Problem mit einem Virus bei einer derartigen Gruppe: er geht natürlich immer wieder aufs neue herum. Und so spürte ich am nächsten Morgen auch schon wieder dieses vertraute Gefühl im Magen, das mir ankündigte, dass da was am rumoren war. Nach etwas mehr als 20 Kilometern war dann tatsächlich Schluss für mich, und gegenwärtig bin ich ernsthaft am Überlegen, einfach mal für zwei/drei Tage auf den Truck zu steigen, um mich wirklich auszukurieren. Denn vielen geht es ähnlich: kaum etwas erholt, klettern wir wieder auf die Räder, doch eigentlich ist der Körper noch gar nicht so weit. Ich würde es zwar sehr bedauern, denn gerade auf die Bergetappen hier in Äthiopien habe ich mich doch sehr gefreut, aber dann muss ich auch gleichzeitig sehen, dass ich gerade mal den ersten von vier Monaten hinter mir habe, mein alter Körper also noch ordentlich was zu leisten hat.
Wie einfach geht das doch vergleichsweise im technischen Bereich der Tour: da habe ich nämlich heute erstmals die Kette gewechselt. 3.000 Kilometer sind absolviert, und nun darf mein Focus mit neuem Antrieb durch die Gegend pesen.
Nun geht es fünf Tage durch das Hochland zur Hauptstadt Addis Ababa, aus der ich mich dann wieder melden werde. Haltet die Ohren steif!

ENGLISH Just a short update from Bahir Dar, Ethiopia. After just two days riding we arrived at this very attractive sea resort at Lake Tana. Riding has been tough due to the mountains as well as lasting stomach problems. Some kids here in Ethiopia have been a hassle, but most of the Ethiopian are very friendly and just curious. And they do brew some fantastic coffe, offer great cake (Mary and Mel: next gtime Ethiopia?) and produce thick juices made of Mango or Papaya. Lots of love to all of you

Urlaub im Paradies

Frühmorgendlicher Blick vom Camping auf Gonder

Zwei Tage Pause kommen einem nach ziemlich genau einem Monat auf dem Fahrrad wie ein langer Urlaub vor.

Vor allem aber verschafften sie mir endlich mal die Gelegenheit, ein bisschen in Afrika einzutauchen. Und ich muss sagen, Gonder war die perfekte Stadt dafür!

Gestern Abend marschierte eine kleine Gruppe TdAler ins Zentrum, und ich war wirklich positiv erstaunt über die Ausstrahlung und Atmosphäre dieser Stadt, von der ich vorher ehrlich gesagt nicht allzu viel gehört hatte.
Überall gibt es gemütliche Kaffeehäuser, kleine Kneipen, niedliche Shops und Restaurants. Dazu sind jede Menge Leute auf der Straße, und es herrscht eine weitestgehend fröhliche Stimmung.

Kein Vergleich zu Sudan, wo die Sharia die Stimmung doch ein wenig drückt, und auch kein Vergleich zu Accra, wo ich 2008 bei der Afrikameisterschaft nicht einmal so eine Atmosphäre gefunden habe.

war am Abend leider nicht mehr besetzt

Die Leute tragen bunte, fast westliche Klamotten. Jeans, T-Shirts, Turnschuhe. Es gab endlich wieder händchenhaltende Pärchen auf den Straßen und in den Restaurants (im Sudan streng verboten), und überall spielt fröhliche Musik.

Dazu wird viel gelacht – vor allem von den Tuk-Tuk-Fahrern, die auch hier für die Aufrechterhaltung des öffentlichen Nahverkehrs sorgen.

Diese schon mal erwähnten Dreiräder mit Mofamotor sind einfach der Wahnsinn, und ich finde, die sollten unbedingt im Raum Südniedersachsen eingesetzt werden!

Scheiß auf große Busse, die eh nur alle achteinhalb Stunden fahren, sauteuer und zudem meistens leer sind – TukTuks sind die Antwort auf unsere Verkehrsprobleme! Matze, bitte übernehmen!

TukTuks

Solltet ihr jemals nach Äthiopien kommen, müsst ihr unbedingt den Kaffe probieren. Sagenhaft! Ein derart intensiver Geschmack, da können sich die Italiener mit ihrem Gebräu wirklich verstecken.

 Dazu kommt allerlei Gebäckstücke, die mindestens ebenso lecker sind, sowie fette Fruchtsäfte, in denen der Strohhalm senkrecht stehen bleibt, weil sie so voller Fruchtfleisch sind.

Ein Paradies also für ausgehungerte Radfahrer. Ich habe denn auch ordentlich Birr (lokale Währung) auf den Kopf geknallt, um mir Magen und Seele etwas zu füllen.

Heute bin ich dann gleich noch mal runtergefahren, um mir das ganze noch mal bei Tageslicht anzuschauen. Und siehe da: es war immer noch grandios. Ich konnte sogar einen Ersatz für meine vor drei Tagen in einem Camp gestohlene Kappe bekommen (das war meine geliebte Bristol-Rovers-Kappe, aber wenn ich mir die Tabelle der Div 1 anguckte, war das wohl abzusehen, dass die hier verschwinden wird… Snief… Und doch: Rovers till I die!).

Nun schützt mich eine chinesische Armeemütze vor allzu intensiver Sonneneinstrahlung.

Ansonsten ein paar Nachrichten aus dem Camp: Nahezu alle sind inzwischen irgendwie krank. Magen und Darm sind die größten Probleme. Dazu Schürf- und Hautwunden, sowie ein paar Erkältungen.

 Dass es hauptsächlich die Därme sind, lässt sich gut an Geräuschen und Gerüchen erkennen. Vor allem die in der Luft liegenden „Düfte“ sind bisweilen nicht allzu leicht zu ertragen.

Campidylle 1

Im Grunde genommen ist die TdA ein ständiger Anpassungsprozess des Körpers an die Umstände.

 Zunächst hatten wir es mit den langen Fahrradstrecken zu tun.

Dann kamen das ungewohnte Essen und die Bedingungen in den Wüstencamps ohne für uns selbstverständliche sanitäre Dinge wie eine Toilette oder eine Dusche.

 Seit Khartoum ist nun die Hitze dazu gekommen. Viele von uns haben unter einer regelrechten Austrocknung gelitten, und ein paar mussten sogar an den Tropf, nachdem sie ins Camp kamen. Wie gesagt, man kann gar nicht so viel trinken, wie man hier verdunstet.

Campidylle 2

Ohnehin frage ich mich ständig, ob mein Körper gerade das bekommt, was er alles braucht und ärgere mich ein bisschen darüber, dass ich mich vorher nicht intensiver mit der Ernährungsfrage beschäftigt habe (leider sind meine Biochemie-Kenntnisse aus dem Abi doch ziemlich verschütt gegangen).

Wie sieht es mit Eiweißen und Proteinen aus, mit Mineralstoffen, mit Vitaminen? Was fehlt dem Körper, wenn es hier zwackt, was, wenn es dort zischt?

Dass die Anstrengungen gekostet haben, kann ich an meinem Hosengürtel erkennen, der gestern ein neues, handgeschlagenes Loch bekam, da mir die Hose im letzten vorhandenen Loch trotzdem vom Arsch gerutscht war. Wenn das so weiter geht, muss ich mich nach meiner Rückkehr wohl neu einkleiden und kann dann auch mal in der Kinderabteilung gucken gehen 😉

dieser Supper Markt" hatte superleckere schokoriegel!

Nun sind wir in Äthiopien, und es sind die Berge sowie die bisweilen doch mehr als unangenehmen Kinder, mit denen wir uns zu arrangieren haben (einige Fahrer sind sogar mit Peitschen verprügelt worden, als sie die Berge hochkrochen).

Und das nächste Thema dürfte schon jetzt klar sein: Regen. Irgendwann so um den Äquator wird er uns erwischen, und wie das dann sein wird, mag ich mir kaum ausmalen. Na, ihr werdet früh genug davon erfahren.
Jetzt ist es egal. Jetzt sind die Batterien wieder aufgeladen, die Klamotten (so gut es ging) gewaschen, das Bike geputzt und die Kette geölt. Alles ready also für die nächsten beiden Tage, die uns bis Bahir Dar führen werden.

Das soll ein sehr attraktives Seebad auf 1.700 Meter Höhe sein, an dem uns eine schicke Seepromenade den nächsten freien Tag versüßen soll. Dass wir nur zwei Tage fahren, deutet übrigens darauf hin, dass jene Tage ziemlich heftig werden – sonst würden wir wohl kaum so schnell schon wieder eine Pause brauchen…

Blick von der Rückbank (= Fahrgastraum) eines TukTuks

Wie sagte doch Steve, einer unserer Truckfahrer, vorgestern zu mir: „you guys will do a lot of climbing here in Ethiopia“. Seine Worte in Bikers Ohren.

Bis die Tage, Euer hardy cyclist

Manchester im Hochland von Äthiopien

So funktioniert Globalisierung! Plötzlich tauchen hier massenhaft Einheimische auf, setzen sich vor den Fernseher, auf dem BBC seit Stunden live aus Kairo berichtet hat, schalten um und plötzlich läuft das Manchester-Derby live hier in Gonder, Äthiopien über den Bildschirm.
Gibt also doch Fußballfans in Äthiopien!

English update „eight days in hell“

Hello everybody in Brezh, Oc, Wales, the Southwest, China (and whereever you are). This is Gonder. Gonder, Ethiopia. 2.450 meter up in the sky, all climbed by bike. At the end of a long and exhausting week we spend two very much deserved rest days in the former capital of Ethiopia.

Our eight days of horror started last Thursday when we left Khartoum. During the night the temerperatures never dropped lower than 30 degree (thats Celsius, not Fahrenheit!), and it was the beginning of a hot week. First day back on the road we hit the 40-degree-mark, second day the 50 degree-mark fell. Not so comfortable when you sit on a bike and have to cycle 150 or more kilometres. The water in the bottles gets hotter and hotter, the heat gets almost unbearable and you just cycle from one coke-stop to the next. On the first two days we made close to 300 kilometres until we hit off-road first time on the third day.

Discussion had been high on the best tyre for the road. I chosed the marathon plus in 32 wich come out to be the best decision. All mountain biker which much bigger tires had a lot of punctures while I could cycle all day without caring for my bike. It got worse the fourth day when we cycled off road for the whole day. 100 kilometres on a horrible road almost constantly washboard or deep sand took its toll as many of us fell from the bike. I hit my knee but was lucky enough to escape with a minor injury. Punctures were much more – Tory and Luke both had ten puncutures on just 100 k. I again could cycle all day without being bothered.
But it was hard. Very hard. The heat, the trail, the sand, the constant „babababa“ of the washboard are driving you just crazy. I’ve never been as exhausted in my whole life as on the fourth day. And don’t forget that there is no shower waiting for us at the end of the day but a plain camp in open sun and dirt. Any idea how we lokked after this eight days? No, we looked worse…

Well, that was before the fifth day…

Then we had about 30 km nice trail with some up- and downhill sections I really enjoyed. I could speed up to 30 km/h and was first at the lunch truck. Those guys there weren’t even ready for us driver and that it was me and not one of the „real racer“ who appearded first gave me some curious looks. Four kilometer later my day got worse when I missed a turn and drove uphil for about six kilometres until I realized I’m on the wrong track. So I had to go back and add another 12 kilometres to an already packed day with more than 50 kilometres horrible track. This time it was a little bit like a very dry agricultural field with big gaps and patches of soil you honestly couldn’t cycle on well.

Those three days had been included in the tour to give us an impression how it used to be cycling thorugh Africa until the Chinese started to pave the whole country. So in comparison to former years our journey really is a holiday adventure…

Day 6 brought us back to much appreciated tarmac. We just flew to the border between Sudan und Ethiopia which is not more that a rope that you go through by showing your passport – after you passed serveral offices of the immigration on both sides, that is.

Ethiopia is much different to Sudan. People are much more open and always try to get in contact with us. Gone are the days were we left by ourselves in Sudan and enjoyed a little privacy… First nigth camp in Ethiopia gave us a good impression, but it got more exciting in the second camp which had even been roped off to prevent the youth of the nearby villages to invade our small tent camp. A little bit disturbing as we’ve been told always watching our belongings as there vanished a couple of things in the last years.

Cycling in Ethiopia is different as well. After 3000 km in the flat desert we all were happy to see the mountains of ethiopa which gave us a welcome change to the boring days on just one straight roads. Of course, its more than just hilly and we do have quite a bit climbing coming up in the next weeks, but I don’t mind.

Much more of a problems are the kids. I got spitted at, got stones thrown at me, got frequently asked for money and got hassled quite a few times. It’s only a few of them, but it makes you to watch for everyone when you enter a town. As well as you have to watch the traffic. It compromises everything. donkeys, cows, goats, dogs, cars, trucks, pick-ups – whatever. And nobody cares for the other – you just have to defend your own space.

On the morning of the eight day my body signalised me enough is enough. After some beans in the dinner the night before I had a troubled nigth and decided to skip the day. So I jumped on the truck and rode to the next camp here in Gonder where we are now having a two days rest. Since arriving I’ve much recovered and ready to attack again on Monday, when we head for Bahir Dar.

That’s for now. Hope, everything is well. Hear from me again as soon as possible.

P.S.: For pictures please look at the german update „Acht Tage in der Hölle“. With the internet here is just to slow…

Acht Tage in der Hölle

nach 155 kilometern in der prallen sonne endlich im camp!

So, meine lieben Leute, nun macht es Euch mal in der kalten Heimat schön vor dem Ofen gemütlich, holt Euch ein kühles Blondes oder einen leckeren Rotwein (:-*) und lauscht dem, was ich über die letzten acht Tage so zu erzählen habe.
Ich hoffe, ihr habt etwas Zeit…
Und es wird schrecklich werden!

Alles begann in Khartoum, wo wir unseren letzten Rest-Day hatten. Dass wir deutlich nach Süden vorangekommen waren, konnte man gut an den Temperaturen ablesen, die auch Nachts nicht mehr unter die 30 Grad-Marke fielen. Zu all den Herausforderungen kam also noch eine weitere: Hitze.

Am frühen Donnerstagmorgen rasten wir in Windeseile aus Khartoum heraus, um dem größtmöglichen Verkehrschaos zu entgehen. Das klappte auch recht gut, und nach gut zwei Stunden waren die Stadtgrenzen erreicht. Der Verkehr wurde aber dennoch immer wilder. Kein Vergleich mehr zur nubischen Wüste, wo man die Autos fast zählen konnte.

Hier im Tal des Blauen Nils, der Kornkammer Sudans, durften wir mit Ochsen- und Eselkarren, LKW, die als Überlandbusse fungieren sowie alten Hanomags, mit denen die Ernte eingefahren wurde, konkurrieren und hatten Augen und Ohren jederzeit offen zu halten. Überlebenstraining im wahrsten Sinne des Wortes!

Öffentlicher Nahverkehr a la Sudan

Hinzu kam eine deutlich schlechtere Straßendecke mit zig Löchern und teilweise ganzen Kratern, die zusätzliche Aufmerksamkeit verlangen. Und auch die Menschen änderten sich. Deutlich aufgeschlossener und neugieriger auf uns beschränkten sie sich nicht mehr auf zaghaftes Winken sondern riefen nahezu pausenlos „hello, hello“ oder benutzten ihre durchaus beeindruckenden Fahrzeughupen.

Nach 11 Uhr wurde es dann schlagartig heiß. Und ich meine, wirklich heiß. Die 40-Grad-Marke fiel um halb Zwölf, und bald war es wie im Backofen. Hinzu kam ein übler heißer Gegenwind, der mir förmlich die Beine hochkroch und mir das Gefühl gab, als würde ich von unten verbrennen.

Da zu dem Zeitpunkt kaum 80 von 145 angesetzten Kilometern absolviert waren, wusste ich, dass es ein langer Tag werden würde. Und er wurde es. Der Wind wurde immer stärker, die Hitze immer größer. Wie in Zeitlupe krochen die Kilometer vorbei, nahm ich jeden Coke-Stop mit, der sich mir unterwegs bot. Das Wasser in meinen Flaschen am Rad hatte inzwischen Siedetemperatur erreicht. Insgesamt dürfte ich locker 15 Liter getrunken habe und kam trotzdem gänzlich ohne Pinkelpause aus.

Irgendwann waren die 145 Kilometer dann abgespult und ich fiel todmüde aber stolz wie Oskar ins Camp ein. Das war der bis dahin härteste Tag der Tour gewesen.
Aber die Woche mit acht Fahrtagen fing ja erst an! Am nächsten Tag dasselbe Spiel. Unendlich heiß, unendlich lang. Diesmal hatte ich mir meine Wasserrucksack aufgesetzt, der mit seinen drei Litern Flüssigkeit zwar etwas mehr Bewegungsspielraum gab, dafür aber ganz schön das Gewicht erhöhte.

155 Kilometer wollten abgestrampelt werden. Irgendwann war ich bei 145, als ich meinen letzten Stopp in einem kleinen Dörfchen machte. Ich muss wohl ausgesehen haben wie ein Geist, denn der Besitzer der kleinen Bar räumte mir sofort einen Schattenplatz frei und scheuchte die neugierigen Kinder weg, was ich in diesem Moment ganz ehrlich gesagt für einen Segen hielt. Frisch gestärkt mit dem was-weiß-ich-nicht-wievielten Liter Flüssigkeit des Tages schleppte ich mich dann über die letzten zehn Kilometer ins Camp.
Nicht dass ich klagen will, denn eigentlich hatte ich es noch gut. Mit einem Schnitt von 27-28 km/h bin ich immer recht früh ins Camp gekommen, entging also jenen Hitzestrapazen, denen die langsameren Fahrer ausgesetzt waren. Allerdings gab es auch in den Camps keine Chance, der Hitze zu entgehen, denn Schatten suchten wir alle vergeblich. Also Zelt bei 50 Grad aufstellen und hoffen, dass es sich zum Abend „etwas“ abkühlt. Was hieß, dass es nun nur noch so zwischen 35 und 38 Grad waren.

Und vergesst nicht, dass wir keinen Tropfen Wasser zu verschwenden haben, außer an Händewaschen also an keinerlei Körper- und Kleidungspflege zu denken ist. So dreckig, wie in den letzten acht Tagen, war ich vermutlich in meinem Leben nie zuvor gewesen. Was für ein verrückter Trip!

stellt euch 100 kilometer bei durchschnittlich 10 km/h und 50 Grad im sonnenschein vor

Tag drei der Horrorwoche brachte die ersten off-road-Abschnitte. Tags zuvor hatten wir alle vor einem gigantischen Reifenberg gesessen und uns gefragt, was man am Besten draufziehen soll. So dick wie möglich, hieß es von Experten. Nun, mein dickster Reifen ist ein 37er, was für einen echten Mountainbiker ein schmales Band ist – die fahren nicht unter einem 50er Reifen. Und ich habe noch nicht einmal den 37er draufgezogen, denn den habe ich eigentlich für die namibische Wüste und für die Regentage im Gelände dabei.

Also habe ich den Marathon Plus in 32 aufgezogen, was mir den einen oder anderen runzelnden Blick einbrachte und mir das Gefühl vermittelte, möglicherweise einen großen Fehler gemacht zu haben.

Doch es lief prima, und die ersten 30 Kilometer im Gelände waren eine nette Erfahrung, wenngleich ich froh war, als sie vorbei waren. Froh war ich auch über meine Reifenwahl, denn ich war ohne Platten davongekommen – und das gelang wahrlich nicht jedem Fahrer.

Tags darauf ging es richtig ins Gelände. Bei Sennar überquerten wir eine Nil-Staumauer und stießen auf eine uralte Eisenbahnlinie aus Kolonialtagen, neben der eine staubige Piste verlief. Ich war kaum drauf, da musste ich zum ersten Mal Gas geben, weil mir ein blöder Köter ans Leder wollte. Nach knapp zehn Kilometern lag ich dann zum ersten Mal im Dreck.

 Der ständige Wechsel aus Wellblechpiste (da fährt man so in etwa „bababababababa“ und sieht irgendwann alles doppelt, weil man total durchgerüttelt wird – und das stellt Euch nun bitte für zig Kilometer bei durchschnittlich 10 km/h vor…) und sandigem Terrain ist manchmal einfach nicht vorhersehbar, und so ließ ich an einem alten Bahnübergang ein wenig Haut meines linken Knies zurück (längst wieder verheilt).

manchmal wurde es etwas abenteuerlich entlang (buz auf) der alten eisenbahnstrecke

Und doch hatte ich Glück, denn meine Reifenentscheidung hatte sich längst als völlig richtig entschieden. Während alle Mountainbiker mit zig Reifenpannen zu kämpfen hatten (hervorgerufen von langen und ziemlich harten Dornen) transportierte der Marathon Plus mich zuverlässig über alle Widrigkeiten und meckerte nur ein bisschen rum, wenn es in den Sand ging – da war er einfach zu schmal.

Falls dies hier jemand liest, der mit dem Gedanken spielt, nächstes Jahr die TdA mitzufahren: Marathon Plus, so breit wie möglich, dann bist du auf der richtigen Seite. Die ganzen Noppenreifen sind einfach zu dünn für diese Dornenstrecke. Der Rekord am Abend stand übrigens bei jeweils zehn Platten auf 100 Kilometern für Tory und Luke.
Platt waren wir jedoch alle. Unendlich gerädert, und die letzten 15 Kilometer auf ekelhaftester und absolut unerbittlicher Wellblechpiste bei schlappen 50 Grad und einem heißen Wüstenwind werde ich in meinem Leben nicht mehr vergessen. Wie habe ich es gehasst!
Die nächsten beiden Tagen waren eher noch schlimmer (ja, da ist eine Steigerung im Schreckensszenario zu erkennen…). Am zweiten Tag ging das Rennen sogar nur bis zum Lunch-Truck, weil die Strecke danach einfach kaum noch zu befahren war, und am dritten Tag waren nur die ersten dreißig Kilometer schön. Kein Wellblech, ordentlich hügelig und mit wunderschönen Senken konnte ich mich bis zu 30 km/h durchs Gelände heizen und fühlte mich wie ein echter Crosser. Ich war sogar so schnell unterwegs, dass ich als Erster am Lunch-Stopp ankam und ungläubige Blicke erntete, weil dort noch nicht mal alles vorbereitet war.
Meine leichten Hoffnungen auf einen unerwarteten Stagewin zerschlugen sich aber rasch, als Paul Wolfe und Horst Schlenker ungefähr zehn Minuten nach mir auftauchten und ich die beiden in den letzten 50 Kilometern bestimmt nicht würde hinter mir lassen können. Dass es dann doch noch ein schrecklicher Tag wurde, lag an einem blöden Patzer meinerseits. Vier Kilometer nach dem Lunchstopp verpasste ich eine Abzweigung und fuhr ungefähr 6 Kilometer auf Wellblech und gegen den Wind einen Berg hinauf, ehe ich realisierte, dass ich Richtung Norden unterwegs war und eigentlich nach Osten sollte. Scheiße!

Umdrehen, auf 6 Kilometer Wellblech, nun zumindest mit dem Wind, wieder runter und auf der richtigen Piste weiter. Und die letzten 50 KM waren noch einmal schrecklich, zumal ich ja 12 Kilometer mehr in den Beinen hatte. Die Piste sah aus wie ein abgemähtes Kornfeld in Deutschland nach einer wochenlangen Dürre. Dicke Risse in der Strecke und ein unendliches Gerumpel. Da hilft nur Geist abstellen und stumpf vor sich hinrumpeln, wobei meine persönliche Variante immer noch diverse Beleidigungen in verschiedenen Sprachen dieser beschissenen Piste gegenüber beinhaltete. Spaß hat das nicht gemacht!
Wir sind übrigens off-road gefahren, obwohl wir auch eine Asphaltstrecke hätten benutzen können. Damit will man uns ein bisschen mehr vom „wahren Afrika“ zeigen und von dem, was die TdA in ihren Anfangsjahren war. China ist überall dabei, die Straßen zu asphaltieren, und in den ersten Jahren fing die off-road-section schon kurz hinter Kairo an und ging bis tief nach Tansania. Im Vergleich dazu ist unser Trip eine wahre Erholungsreise, und trotz allem Leiden halte ich es für eine gute Idee, die off-road-Strecken einzubauen. In der Tat sahen wir deutlich mehr „intaktes“ Afrika, denn was die Asphaltstraßen ebenfalls mit sich bringen, sind deutlich erhöhter Verkehr, Tourismus und Veränderung der Lebensumstände. Und die drei Tage auf der Piste waren von den Eindrücken wirklich umwerfend.
Wir verweichlichten Wohlstandsjünger waren dennoch glücklich, als es endlich wieder auf Asphalt ging, wobei es einem Kanadier gelang, exakt 50 Zentimeter vor dem Wiederbetreten der Straße einen letzten Sturz zu verursachen, was zu einem erheiterten Gruppengelächter führte. Er hatte auf drei Tagen keinen Sturz gehabt und lag nun mit Schürfwunde und schallendem Lachen im Dreck!

kids im sudan

Ab ging die Reise nach Äthiopien, Land Nummer 3 auf unserer kleinen Abenteuerreise. Den Sudan zu verlassen, fiel uns allen etwas schwer. Es ist ein sehr angenehmes Land, und ich habe die Sudanesen sehr zu schätzen gelernt. Überall begegnete man uns mit hohem Respekt und einer gewissen Zurückhaltung, die das Radeln sehr angenehm machten.

In den letzten Wüstencamps waren jeweils Einheimische vorbeigekommen und hatten uns mit Tee und Gebäck begrüßt, während die Kinder neugierig zuschauten, wie wir unsere Zelte aufbauen.
Und nun Äthiopien. Eine andere Welt, eine neue Erfahrung. Und eine, der wir mit Respekt und sogar Furcht entgegen sahen. „Äthiopien ist Chaos“ hatte man uns erzählt. Nun, es begann recht gemütlich. Die Grenze zwischen Sudan und Äthiopien besteht aus nichts anderem als einem dünnen Seil, das gehoben wird, wenn man seinen Pass vorzeigt. Vorher muss man natürlich auf beiden Seiten zu diversen Immigration-Büros und lustige Fragen beantworten, ehe die Aus- bzw. Einreise genehmigt wird.

coke stop a la äthiopien

Der erste Gang führte die meisten TdAler in eine Bar – erstmals seit Assuan gab es wieder Bier zu kaufen! Und es floss in Strömen, auch wenn es nicht gerade eiskalt war, sondern nur „lauwarm“ abgekühlt worden war. Die Äthiopier sind so ziemlich das genaue Gegenteil von den zurückhaltenden Sudanesen: Immer auf der Suche nach Kontakt, immer bereit, ein paar Geschäfte zu machen, immer ein bisschen gewieft hinter den Ohren. Aber insgesamt sehr liebenswert – wenn man es erstmal geschafft hat, die doch deutlich größere Privatspähre im Sudan zu vergessen.
Am nächsten Tag begann die erste Etappe in Äthiopien, und sie umfasste gleich alles, was zu haben war: im erster Dorf jagte mir wieder so ein wahnsinniger Köter hinterher und trieb mein Tempo hoch, im zweiten Dorf wurde ich angespuckt und mit Steinen beworfen, im dritten Ort, diesmal etwas größer, tobte um uns herum ein unglaubliches Verkehrschaos.

Es scheinen hier keine Regeln zu herrschen. Kühe, Ziegen, Hühner, Hunde, Esel- und Ochsenkarren, Pick-up-Trucks, LKW, Busse, Autos – alles geht bzw. fährt, wo immer Platz ist. Für uns heißt das, ständig aufpassen zu müssen, nicht mit irgendwas zu kollidieren. Und dann sind da noch die äthiopischen Kids. Sie sind eine gefürchtete TdA-Legende, denn sie werfen gerne mal mit Steinen oder versuchen, Stöcker in die Reifen zu werfen. Warum, kann niemand erklären, und in der Vergangenheit hat das schon des öfteren zu unangenehmen Unfällen geführt.

Das hat zur Folge, dass man in Äthiopien eigentlich immer froh ist, wenn man durch einen Ort durch ist und wieder in der freien Landschaft fährt, wo „nur“ Tiere und andere Verkehrsteilnehmer für Unterhaltung sorgen. Zudem wird Äthiopien nicht umsonst die „Schweiz Afrikas“ genannt, denn hier geht es eigentlich immer nur hoch und runter. Es hieß also, die Bergziegen in uns zu motivieren. Etwas, auf das ich mich sehr gefreut habe, zumal es ja seit fast 3.000 Kilometern irgendwie immer nur flach und geradeaus gegangen war. Und nun endlich gab es Kurven, gab es Anstiege, gab es Abfahrten, gab es eine Landschaft, an der die Blicke sich festhalten konnten.

in Äthiopien

Mir half zum Eingewöhnen, dass die Gegend zwischen Metema an der Grenze und Gonder im Hochland mich sehr an mein Lieblingstrainingslager um den Mont Ventoux in der französischen Provence erinnert hat. Hat jedenfalls irre Spaß gemacht, endlich mal wieder hoch und runter zu fahren!

Die Rampen waren teilweise nicht ganz ohne. Zunächst ging es meistens für ein/zwei Kilometer mit 3-4 Prozent und hoch, dann wieder unter, dann wieder hoch. Auf den letzten 50 Kilometern der ersten Etappe in Äthiopien warteten dann aber die ersten 9 Prozent-Rampen, die sich in schönen Serpentinen in den Himmel schraubten. Und da merkte man dann doch die sieben Tage ununterbrochenen Radfahrens, die wir alle in den Beinen haben…

amhamärisch lernen in äthiopien

Das erste Camp im äthiopischen Busch war eine durchwachsene Erfahrungen. Erstmals mussten wir unser Lager mit einem Seil abtrennen, weil in der Vergangenheit immer wieder Sachen gestohlen worden waren. Ein paar zwielichtige Gestalten liefen sogar mit Waffen rum. Trotz allem verschwanden auch diesmal wieder ein paar Dinge – darunter ein Pass, der aber im nahegelegenen Dorf wieder auftauchte. Letztes Jahr hat ein TdA-Teilnehmer Äthiopien am Ende als ein „chinesisches Gericht“ bezeichnet: „Mal süß, mal sauer“. Mir scheint, er hatte Recht.
Nach sieben Tagen der Anstrengung war ich körperlich völlig am Ende, und als es abends ein etwas schwer verdauliches Bohnengericht gab, kam, was kommen musste: alles kam wieder raus und verursachte mir eine ziemlich unangenehme Nacht mit mehreren Gängen zu einem nahe meines Zelt gelegenen Baums, den ich mit meinen Mageninhalten füllte.

Das ist eben das Kunststück auf der TdA: die Kräfte richtig einteilen. Und sieben Tage Radfahren unter derlei heißen und anstrengenden Bedingungen, begleitet von mehr als nur rudimentären Lebensumständen (staubige Lager, kein Wasser zum Waschen, keine kühlen Getränke etc.) kosten einfach ihren Preis. Am Morgen danach tat ich folglich das einzig vernünftige und lud mein Fahrrad auf den Truck und ließ mich nach Gonder fahren. Alles andere wäre schlicht und einfach fahrlässig gewesen.

Insgesamt war ich mit diesen acht Alptraumtagen aber absolut zufrieden. Sportlich habe ich gut mitgehalten, und auch wenn es häufig eine bittere Quälerei war, überwiegt am Ende des Tages der Stolz, es geschafft zu haben. Was ich hier eigentlich alles erlebe, das muss allerdings erstmal verarbeitet werden. Ich hatte ja schon mal geschrieben, dass die meiste Kraft eigentlich für die Regeneration drauf geht. Zeit für Reflexion ist da einfach (noch) nicht da. Das merke ich auch mein Schreiben meiner Zeitungsartikel, wo mir mitunter die nötige Distanz zum Erlebten fehlt. Aber auch das ist wohl alles Teil der Erfahrung.

Nun bin ich geduscht (!!!!!!), habe ich ordentlich geschlafen und bin dabei, allmählich wieder zu Kräften zu kommen. Wie mir geht es eigentlich jedem – selbst die absoluten Elitefahrer kriechen auf dem Zahnfleisch. Die EFI sind in dieser Woche wie die Dominosteine gepurzelt und ich schätze, es sind nicht mehr als 22-25 übrig geblieben – Tendenz fallend. Gonder bietet freilich beste Bedingungen für Erholung´. Die Stadt liegt auf 2.400 Metern und ist damit zumindest nachts deutlich kühler, und unser Campground gehört zu einem Hotel, das auf westliche Touristen eingestellt ist (und sogar Wifi hat!).

mein rad braucht nun auch dringend pflege

Soviel für den Moment. Nun muss ich erstmal Wäsche waschen (wobei ich mich frage, wie ich die völlig verdreckten Sachen jemals wieder sauber kriegen soll…), mein Fahrrad putzen und pflegen und ein wenig Gonder erkunden. Morgen haben wir noch einen Tag frei, und vielleicht fallen mir ja noch ein paar Gedanken ein, die ich jetzt beim ersten Schreiben vergessen habe.

Liebe Grüße an Euch alle und tausend Dank für Eure moralische Unterstützung. Ich hoffe, Euch allen geht es gut und ihr freut Euch über die ersten Frühlingsboten, die offenbar zumindest Teile von Euch erreicht haben.

ENGLISH UPDATE coming up later!

Hallo aus Gondor/Äthiopien

Hallo, alle miteinander. Schon mal schnelle und liebe Grüße aus dem äthiopischen Hochland, wo wir heute angekommen sind. Blogge morgen ausführlich über die letzten acht Tage, die zu den … interessantesten meines Lebens zählten.

Hi from Gondor/Ethiopia, where we arrived today. Will update this blog tomorrow and write a few thinks about one of the most … exciting eight days in my life.

pizza in der staubwueste

Liebe Leute, dass muss ich euch jetzt doch noch erzaehlen: heute gab es pizza, und das inmitten der staubwueste khartoum! Das Zauberwort heisst „afna“ und ist ein einkaufszentrum inmitten des stadtzentrums, das auch in jeder beliebigen europaeischen shoppingmall stehen koennte. natuerlich waren fast alle tdaler da und haben sich ordentlich mit junk-food vollgestopft – wer weiss, wann es das wieder geben wird.

khartoum ist eine bruetende staubhoelle, und wenn hier die gesetze der eichsfelder kehrwoche gelten wuerden, muesste die ganze stadt wochenlang mit besen bewaffnet auf die strassen gehen, um zumindest eine grundordnung bzw. grundreinheit erkennen zu lassen. da zudem bestaendig wind weht, fliegt einem der staub auch noch staendig um die nase. das ist uebrigens auch fuer die waesche nicht allzu guenstig, wie ich heute erfahren durfte. in diesem zusammenhang: welcher teufel mich ritt, ausgerechnet weisse t-shirts mitzunehmen, weiss ich auch nicht. ich wollte mich damit gegen die sonnenstrahlen schuetzen, doch trotz waschen sind die dinger inzwischen so dreckig…

ansonsten ist der sudan im vergleich zu aegypten sehr angenehm. waehrend man in aegypten staendig angelabert wird, man irgendwas kaufen, in ein taxi klettern oder in einen laden kommen soll, sind die Nubier eher zurueckhaltend und stolz. Und sehr ehrlich: als einer aus unserer gruppe einen 50 pfund sein verlor, ohne es zu merken, kam ein sudanese, und gab ihn ihm zurueck. In aegypten musste man dagegen staendig aufpassen, beim wechselgeld nicht ueber den tisch gezogen zu werden.

zum schluss noch eine meldung fuer alle besitzer von wettbueros: ih bin immer noch im rennen! fuer die anderthalb tage, in denen ih im lkw mitfuhr, habe ich jeweils 12 stunden aufgebrummt bekommen, abe theoretisch steht meinem gesamtsieg nix im wege. na ja, fast nix. wir haben hier 18 ambitionierte radler, die in einer anderen liga spielen. das sind radfahrer durch und durch, die jedes jahr zig amateurrennen fahren. paul, der glaube ich in der gesamtwerung vorne liegt, ist amateurweltmeister in zig disziplinen in seiner altersklasse. ich kann da manchmal fuer ein paar, manchmal sogar fuer ein paar mehr kilometer mithalten, aber insgesamt sind diese 18 eine andere welt.

danach beginnt das rennen der „anderen“, und da wuerde ich mich selber so auf den plaetzen 25 bis 30 der gesamtwertung sehen (also zwischen 7 und 12 der „anderen“ wetung). da nun aber die off-road-pisten beginnen, wird eh alles neu durchgemischt, da auch die klassefahrer im gelaende gegenueber den mountainbikern keine wirkliche chance haben werden.

wir werden sehen, wie stand der dinge ist wenn wir in nairobi angekommen sind.

inshallah!