- leserbrief aus der „allegeminen zeitung“ hier in namibia. die welt ist klein. gruß ins eichsfeld!
- 100 km noch bis zur grenze. und das nächste unwetter ist schon in sicht
- das bezeichnet man in Botswana als „Asphalt“. Für den Radfahrer ist das eine kraftraubende Schmirgelschicht…
- das 1 x!
- hooligan patrick und ich unter dem schutz der örtlichen sicherheitskräfte beim schlagerspiel zwischen den civis und den tigers
- bannig was los beim spitzenspiel…
- Rebka, Chris, Ram (hinten), Amand und Patrick bringen die Masse etwas in Wallung
- die schiere endlosigkeit
- fast 208 auf dem tacho – wow!
- wahrlich der „fan des tages“
Zur Sicherheit checkte ich die Anstoßzeit noch einmal auf der offiziellen Black-Africa-Homepage und fand heraus, dass Kick-off bereits um 17 Uhr sein würde. Nach einem langen Radeltag bedeutete das für uns ein klein bisschen Hektik, doch um 16.15 Uhr saßen wir endlich in einem Taxi, um einmal quer durch Windhoek zum Sam Umjoma-Stadion zu fahren. Nach einer halben Stunde waren wir schließlich angekommen, doch irgendwie wirkte dort alles gespenstig leer. Und tatsächlich: die Kassen waren geschlossen, unsere Frage, was mit dem Spiel sei, wurde achselzuckend beantwortet und nach vielem suchen und fragen fanden wir schließlich heraus, dass wohl erst um 20 Uhr angepfiffen würde. Also zurück ins Windhoeker Stadtzentrum, ein bisschen bummeln und essen, ehe wir uns erneut auf den Weg ins Stadion machten. Schon von weitem waren die erstrahlenden Flutlichter zu sehen, und auch wenn im Stadionumfeld nicht wirklich die Hölle los war, freuten wir uns alle auf unseren namibischen Länderpunkt. Ich wurde das erste Mal stutzig, als auf unserer Eintrittskarte (20 N$ = 2,10 Euro) ein Stempel des „Civics FC“ aufgedrückt war. Na ja, vielleicht geben die einfach für alle Spiele dieselben Karten aus, dachte ich bei mir und marschierte ins ziemlich leere Stadion. Ich hatte ja nicht viele Zuschauer erwartet – Namibia ist nun wirklich kein Fußball-Land – aber beim Duell zweier Rivalen und landesweit populären Klubs…
Nachdem die Mannschaften zum Aufwärmen das Spielfeld betreten hatten, schwante mir das ganze Debakel. Das eine Team in West-Ham-like Claret and Blue, das andere ganz in Blau – Black Africa hingegen trägt Rot-Schwarz, die Pirates Schwarz. War das überhaupt das Spiel, das wir sehen wollten? Nein, es war es nicht! „Das ist am Samstag um 8“ teilte mir ein Offizieller auf Nachfrage freundlich mit, und wir seien beim Premier-League-Duell zwischen dem Civic FC und dem Tigers FC. Beim falschen Spiel gelandet zu sein, das war mir durchaus erfahrenem Groundhopper nie zuvor passiert – und nun hatte ich auch noch vier zwar neugierige aber nicht wirklich fußballerfahrene Kollegen an meiner Seite, die ich mit „the biggest match that Nambibas football has to offer“ geködert hatte. Aber wir hatten unseren Spaß! Die Handvoll Zuschauer (ich zählte exakt 52, bei einem Erstligaspiel!) hatten wir rasch kennengelernt, und so war das Gelächter auf der Bühne bald groß. Weil die meisten Zuschauer mit den Tigers hielten, und auch der einzige „Fan“ im weiten Rund die blau-weißen Farben trug, unterstützten auch wir die Blauen und wurden durch einen 3:0-Sieg belohnt. Nur Patrick, unser holländischer Hooligan, war traurig – der hatte sich nämlich für die Civics entschieden. „Weil der Torwart Orange trägt“´. Tja, Patrick, mit Orange bist Du halt immer auf der Seite der Verlierer!
Ja, wir sind in Windhoek. Nach schlappen 851 Kilometern in fünf Tagen. Oder 170 Kilometern täglich. Und wir gehen kräftemäßig alle auf dem Zahnfleisch. Gestern fragte ich einen unserer stärksten Racer, wie viele Kilometer es noch bis Cape Town seien, und er guckte mich mit müdem Blick an und meinte „too many, man, too many“.
In dieser Woche fielen die Rekorde reihenweise. Vom Mannschaftszeitfahren und meinem Geschwindigkeitsrekord hatte ich schon berichtet. Tags darauf stand mit 207 Kilometern die längste Tagesetappe an. Und wie es der Teufel wollte, erwischten wir ausgerechnet an diesem Tag das bislang schlechteste Wetter. Gewitter über Gewitter fegte über uns nieder. Fingerdicke Hagelkörner, stürmischer Gegenwind und „ergiebige Regenfälle“ – das war alles andere als ein Spaß. Schon nach zehn Kilometern ging es los, und da die Temperaturen im Gewitter schlagartig runtergingen, schlotterten wir in unserer durchnässten Kleidung vor uns hin und hofften auf wärmenden Sonnenschein. Irgendwann bildete sich dann ein mächtiges Peloton von mehr als 30 Fahrern, das mit einer hohen Reisegeschwindigkeit über die Straße preschte und zumindest die Zahl der noch zu absolvierenden Kilometer rasch reduzierte.
Beim Lunch gelang es mir, ein trockenes Radelshirt zu leihen, und als kurz danach tatsächlich die Sonne rauskam, schien alles gut zu werden. Exakt nach 100 Kilometern brach jedoch erneut die Hölle los. Ich war alleine unterwegs, als das Gewitter mich erwischte und der heftige Gegenwind mein Durchschnittstempo schlagartig von rund 30 auf unter 15 km/h drückte. Dazu prasselnder Regen, der irgendwann in Hagel überging – ich hätt heulen können. Mühevoll schleppte ich mich zur einzigen Tankstelle auf den 207 Kilometern, in der sich das halbe TdA-Fahrerfeld versammelt hatte und auf das Ende des Gewitters wartete. Als es endlich durch war, beruhigte sich das Wetter zwar, doch der Wind blies weiter aus der falschen Richtung und es wurde ein mühsamer Kampf gegen das Tachometer. Bei 150 Kilometer fand ich schließlich wieder eine Gruppe anderer Radler, mit denen ich im Peloton weiterfahren konnte, nachdem ich mich bis dahin alleine gegen den Wind gekämpft hatte. Irgendwann waren wir dann endlich an der botswanisch-nambischen Grenze, ließen zum neunten Mal auf unserem Trip die Zollformalitäten über uns ergehen und enterten Namibia. Ganze 500 Meter waren es dort noch bis zu unserem Camp, das offenbar auch heftige Regenfälle hinter sich hatte. Die Zufahrtswege hatten sich in kleine Seen verwandelt, und die Plätze für die Zelte waren tückische Wasserlöcher. Die letzte Hiobsbotschaft des Tages brachte das Riders Meeting, auf dem uns verkündet wurde, dass Namibias Zeit eine Stunde früher ist und wir daher ab dem nächsten Morgen bereits um 5:15 Uhr frühstücken würden – das hieß, um 4 Uhr aufstehen. Gute Nacht…
Für mich gehörten die letzten beiden Wochen zu den schwersten auf der gesamten Tour. Körperlich waren sie kein Problem – es war fast immer flach. Aber die Länge der täglichen Etappen im Zusammenspiel mit der Eintönigkeit der ewig langen und gleichen Straße, der menschen- und tierlosen Savanne rechts und links und der fehlenden Ortschaften über teilweise hunderte von Kilometern hat mich schwer gefordert. Irgendwann konnte ich diese endlose Straße einfach nicht mehr sehen. Wann immer mich ein LKW überholte, konnte ich ihn zehn Minuten später immer noch am Horizont sehen und wusste, was auf mich zukommt…
Und nun Namibia. Bin ich noch in Afrika? Die Bürgersteige gefegt. Die Autos blitzblank und hochmodern. Die Shoppingmalls größer als alles, was ich aus Deutschland kenne. Weiße überall. Ein Sprachgemisch aus Englisch, Afrikaans, Deutsch und einheimischen Sprachen. Ein aufmerksamer Service in den Cafes und Restaurants. Überall Verbots- und Warnschilder, was man zu tun und zu lassen hat (immerhin: auf dem Campingplatz von Windhoek gibt es KEINE Müllabgabezeiten – das scheint dann doch noch immer eine deutsche Domäne zu sein!). Waren unsere Grenzübergänge seit Ägypten stets schon Sprünge in ein „anderes Afrika“, so war dies ein Quantensprung. Erst wenn man genau hinguckt, findet man das Afrika, was ich auf rund 10.000 Kilometern kennen- und liebengelernt habe. Unser Trip zum oben erwähnten Fußballmatch zum Beispiel führte uns nach Katuta und damit in eines der größten Townships von Windhoek. Und was ein Unterschied zu den glitzernden Shoppingparadiesen! Blechhütten, Open-air-Küchen, freilaufende Hunde, Sandpisten ohne Gehwege – Afrika eben!
Was ich außerdem wahrnehme, ich ein spürbarer Rassismus. Als wir in der Rezeption unseres Campings nach dem Weg zum Stadion fragten, teile man uns mit ernsthafter Stimme mit, das wir da auf keinen Fall hinfahren sollten. Das sei total gefährlich, da da nur Afrikaner wohnen würden und man als Weißer da nicht sicher sei (die Rezeptionistin war übrigens selber eine Schwarze). Der Hammer aber ist mein Nachbar hier auf dem Campingplatz. Ein Deutscher, der mit einem Jeep unterwegs ist und sich als übelster Rassist entpuppte, wie ich ihn in Deutschland schon lange nicht mehr getroffen habe. Gestern meinte er schon, mich darauf hinweisen zu müssen, Fahrradfahren in Afrika sei gefährlich. Wegen der Autofahrer. „Die Weißen können ja alle fahren, aber die Schwarzen sind doch rücksichtslos“. Aha, dachte ich mir, doch er legte noch einen drauf und meinte mit warnender Stimme: „Gehen sie nicht auf den Markt (nach dem ich ihn gefragt habe), da ist das richtige Afrika!“ Als ich entgegnete, ich sei aber doch schließlich hier, um das „richtige Afrika“ zu sehen, drehte er sich kopfschüttelnd weg und brummte „das ist alles viel zu gefährlich“. Heute nun kam er und meinte mich warnen zu müssen, „keine von den Schwarzen“ auf mein Campingterrain zu lassen. Da platzte mir dann doch der Kragen, und als ich ihn mit den Worten, ich sei nicht nach Afrika gekommen, um mir seinen rassistischen Scheiß anzuhören, von meinem Platz verwies, legte er erst richtig los und brachte in einem nicht zitierfähigen weiteren Satz bestimmt 15 Mal das Wort „Neger“ unter.
So long, liebe Leute. Habt Dank für Eure rege Kommentartätigkeit (@Hardy: erstaunlich, wie unterschiedlich man die Strecke in Botswana empfinden kann, und das mit den Elefanten…, @Sauer: ich hoffe, Stinke-Stanko hat keine Bude gemacht und sackt die Meisterschaft mit der Zweiten bald ein. Mit der Ersten helfe ich dann auch wieder mit! Nur der RSV!, @Volker: die Hoffnung stirbt zuletzt. Letzter Spieltag: Rovers at Colchester, Walsall at Southampton. Aber: Obacht vor Plymouth!). Für uns geht es nun acht Tage lang zurück auf off-road-Pisten (die fetten Nobbies sind schon drauf auf meinem ebenfalls müden Focus Crosser), und dann steht der letzte Grenzübertritt an. Das Ziel ist nahe, und so sehr ich diesen Trip hier genieße, so sehr freue ich mich auch darauf, nicht mehr jeden morgen um 4 aufzustehen, mein Zelt einzutüten und von A nach B zu pedalen.
Take care, Euer hardy cyclist
ENGLISH: Arrived at Windhoek, Namibia after 851 kilometer in only five days. Highlights of the weeks were a team time trial (the German team came in fourth) and the longest stage of the whole tour – 207 kilometer to the botswanian-namibian border. On that day we had also very bad weather with thunderstorms, rain, hail and all that. Not really enjoyable, but we made it! I’m a bit tired after this very long stages in a rather boring landscape. The roads seem to go forever straight and there is nothing left or right from the roads. No villages, no coke-stops, no people, not animals – nothing but nothing. Hit off-road from tomorrow again as we go to Soussousvlie for the big dunes there. Nambia is by far the most modern and westernized country so far, and it’s a bit strange, that everything works so smoothly. After months of saying “that’s africa” its even kind of difficult to get used to a western living style again.
Went off to see a match of the Namibian Premier League yesterday. But that turned out a bit chaotic in the end. While the official webside of the Black Africa FC stated the match vs. Orlando Pirates would be kicked off 17.00 o’clock, there was nobody at that time at the stadium. Instead, we were told that kick of is only at 8. So we came back three hours later only to discover that even a different game is taking place. Instead of Black Africa vs. Orlando Pirates, the biggest match Namibia has to offer, Civics were playing Tigers. Together with exactly 52 people we watched Tigers win 3:0, but I must admit, I was a bit disappointed as it was nothing but boring.
Keep hope alive, if you are a Gashead, et belle operation Guingampaise avec les larges victoires à Alfortville et contre Créteil. Hereux que l’equipe a retrouver direction L2 !
Alloa he, and all the best from your hardy cyclist !