Bereit für das Abenteuer? (deutsche Version)

Hallo, liebe Leute

Willkommen in meinem Blog, in dem ich von nun an regelmäßig über mein kleines Rad-Abenteuer „Tour d’Afrique“ berichten will.
Viele werden sich fragen, wie man auf so eine verrückte Idee kommen kann. Hätte ich vermutlich vor ein paar Jahren auch gemacht. Bis vor kurzem habe ich keinen Gedanken an Radtouren über längere Distanzen verschwendet – schon gar nicht durch ganze Kontinente. Ein Fahrrad war etwas, mit dem ich von A nach B kommen konnte, wobei ich möglichst jeden Hügel umfahren habe. Ich habe es gehasst, im Regen zu fahren, und ich habe es geliebt, in der (nicht zu prallen!) Sonne dahinzugleiten. Kennen vermutlich die meisten von Euch von sich selbst.

Alles änderte sich 2008, als Bürte zum ersten Mal nach Frankreich fuhr, um von der Tour de France zu berichten (natürlich sind wie immer die Frauen schuld!). Sie nahm das Auto, und ich saß plötzlich mobillos in unserem schönen Langenhagen. Da der hiesige Öffentliche Nahverkehr eine echter Alptraum ist (und zudem ein ziemlich teurer), gab es nur eine Möglichkeit: mein altes Mountainbike entstauben.

Nun gut… Als ich das erste Mal aus Duderstadt zurückkam (bis zu unserer hiesigen Metropole sind es zwar nur schlappe acht Kilometer, die gehen aber zur Hälfte tüchtig bergauf), wusste ich, warum Langenhagen zu den „Bergdörfern“ gezählt wird. Kurz gesagt: es war ein schweißtreibender Alptraum.

Dennoch fand ich Gefallen an der Sache und freute mich bald auf meine samstäglichen Ausflüge zum Duderstädter Wochenmarkt, wo ich meine Einkäufe erledigte, um sie anschließend in den Satteltaschen mühsam nach Hause zu wuchten.

Zwischenzeitlich hatte zudem die Tour de France angefangen, und plötzlich sah das, was ich da in den vorherigen Jahren immer mit nur oberflächlichem Interesse verfolgt hatte, unglaublich elegant und stolz aus. So wollte ich auch auf meinem Fahrrad sitzen! Aus zweckgebundenen Einkaufstouren wurden „Lustausfahrten“, und mein erster „Langtrip“ ging nach Seeburg, wo 05 ein Freundschaftsspiel hatte. Satte 30 Kilometer hin und zurück, jeweils zweimal über zwei (damals) Berge (heute Hügel) – wow, war ich stolz!

Drei Monate später habe ich mir ein Rennrad gekauft.

Seitdem bin ich ungefähr 15.000 Kilometer in Deutschland und Frankreich gefahren und habe einige von den „heiligen“ Tour-de-France-Bergen erklommen. Darunter den Ventoux, den Izoard und den Restefond/Bonette, den höchsten jemals bei der Tour überquerten Pass. Kurzum: ich wurde zum Radfahrer oder zum „randonneur“, wie die Franzosen so schön sagen.

Auf dem Gipfel des „Géant“

 

Ende 2009 las ich im Tour-Magazin über ein Radrennen, das von Paris nach Dakar führt. 7.000 Kilometer auf dem Fahrrad, durch Frankreich, Andorra, Spanien, Marokko, Westsahara, Mauretanien und Senegal. Eine Herausforderung, die mich sofort faszinierte. Das nächste Rennen war für September 2011 geplant, und ich meldete mich an. Voller Vorfreude stürzte ich mich in die Planung, als im Mai 2010 eine Mail vom Veranstalter kam, das Rennen müsse ausfallen. Grund: die unsichere politische Situation in Mauretanien. Das war ein gewaltiger Schock für mich, denn ich hatte mich längst auf dem Weg nach Dakar gesehen.

Und nun?

Als ich mich auf die Suche nach Alternativen machte, stieß ich im Internet auf die Tour d’Afrique. Das war eine noch größere Herausforderung, und zudem eine ganz andere als Paris – Dakar. Wo wir dort fast ausschließlich auf Asphalt gerollt wären, gibt es auf der Tour d’Afrique alles vom schönsten Asphalt in Ägypten über grausame Lavaböden in Nordkenia bis hin zu tückischen Sandpisten in Namibia.

Ich brauchte eine Weile, ehe ich mich entscheiden konnte, doch je länger ich mich mit der Sache beschäftigte, desto mehr faszinierte mich der Gedanke, Afrika von Nord nach Süd auf dem Fahrrad zu durchqueren. Im Juni ging meine Anmeldung raus.

Heute in ungefähr drei Monate werde ich nun unter den Pyramiden von Kairo stehen und das bislang größte Abenteuer meines Lebens beginnen. Manchmal kann ich die Zeit bis zum Start kaum noch abwarten, und Radfahren hat sich seitdem für mich völlig verändert. Nicht nur mental, wo ich versuche, mich auf die 12.000 Kilometer vorzubereiten, sondern auch körperlich. Ich trainiere inzwischen auch auf abseitigen und eher rüden Pisten, ich fahre so häufig wie möglich lange Strecken (wie kurz mal nach Hamburg zu pedalen, um das erste WM-Halbfinale gemeinsam mit Stachel und Nele zu gucken, und dann wieder zurückzuradeln) und ich kümmere mich um Muskelgruppen, von denen ich bislang nicht mal wusste, dass ich sie überhaupt habe. Vorgestern war ich sogar zum ersten Mal in meinem Leben in einer „Mucki-Bude“ und habe zwischen all den Möchtegerne-Bodybildern meine Bauch- und Rückenmuskeln trainiert.

Noch ein bisschen was zu dem Rennen. Die Tour d’Afrique geht über 12.000 Kilometer und beginnt am 15. Januar in Kairo. Ich werde am 10. Januar von München aus nach Ägypten fliegen und dort meine Mitreisenden treffen. Mein Gefährt wird ein Focus Mares-Crossrad sein, für das ich verschiedene Reifen dabei habe. Insgesamt werden so um die 60 Fahrer aus aller Welt die gesamte Strecke absolvieren (hier sind meine Mitstreiter/-innen: http://www.tourdafrique.com/tours/tourdafrique/rider-profiles). Dazu kommen noch einige Fahrer, die nur Teilstrecken fahren. Die Tour wird inzwischen im neunten Jahr von einer kanadischen Firma organisiert. Sie gilt als das längste und härteste Radrennen der Welt.

Damit werde ich in Afrika unterwegs sein.

 Die ganze Sache ist wie ein gewöhnliches Etappenrennen konzipiert. Es gibt rund 100 Etappen, die zwischen 80 und 200 Kilometer lang sind (durchschnittlich 123 Kilometer)  je nach Terrain. Dazu kommen etwa 20 Pausentage sowie Sonderprüfungen wie Zeitfahren und Bergwertungen. Also alles wie bei der „großen“ (bzw. eigentlich ja eher „kleinen“) Tour de France. Das vom Veranstalter gestellte Organisationsteam wird uns mit einem LKW und zwei Kleinbussen begleiten. Es kümmert sich um die Ernährung (drei Mahlzeiten pro Tag, dazu Riegel, Riegel, Riegel, und jede Menge Flüssigkeit) und bereitet die täglichen Zeltlager vor, die gleichbedeutend mit dem Ziel der Etappe sind. Unser Gepäck wird auf dem LKW transportiert, so dass wir nur das Notwendigste am Bike haben. Zum Team gehören auch ein Arzt und ein Mechaniker.

Jeder Fahrer entscheidet für sich, wie er oder sie die Tour d’Afrique angeht. Es gibt „Rennfahrer“ und „Touristen“, wobei nur die Zeiten der Rennfahrer gewertet werden. Unter den Rennfahrern wiederum gibt es einige, die nur wegen des Rennens teilnehmen und entsprechend schnell unterwegs sind, ohne größere Stopps zu machen. Andere Fahrer sind zwar ehrgeizig, wollen aber gleichzeitig Afrika erleben und unterwegs den einen oder anderen Stopp machen bzw. sich mit Einheimischen unterhalten. Für alle Rennfahrer gibt es aber ein Zeitlimit, in dem man im Lager sein muss. Wer es überschreitet, wird aus der Wertung genommen und muss anschließend als Tourist weiterfahren.

Ich bin als Rennfahrer gemeldet, will aber mit offenen Augen (und Herzen) radeln und den Kontinent möglichst wortwörtlich „erfahren“. Ich werde also nicht nur auf meine Zeit achten, sondern auch den einen oder anderen Stopp einlegen und ein wenig in Afrika „eintauchen“. Denn seien wir doch mal ehrlich: gewinnen würde ich die Tour d’Afrique sowieso nicht – selbst wenn ich jeden Tag bis zum Anschlag fahren würde…

Was ich anstrebe, ist der EFI-Status. EFI steht für „every faboulous inch“ – übersetzt: jeder fantastische Millimeter (Gerüchten zufolge soll die Übersetzung im Laufe des Rennens allerdings zu „every fucking inch“ wechseln – „jeder beschissene Millimeter“). Um den EFI-Status zu erlangen, muss man wirklich jeden Millimeter von Kairo nach Kapstadt auf dem Rad sitzend absolvieren – also niemals in den „Besenwagen“ steigen, der vom Veranstalter gestellt wird, um all diejenigen einzusammeln, die wirklich nicht mehr weiterfahren können.

In diesem Zusammenhang erinnere ich mich allerdings an die berühmte Redewendung, die ich 2008 beim Africacup in Ghana schon nach wenigen Tagen zu begreifen lernte: „That’s Africa“. Will heißen: Erwarte das Unerwartete.

Ob ich also bis Kapstadt durchkomme? Am 14. Mai werden wir es wissen.

Die größte Herausforderung ist übrigens nicht die schiere Distanz bzw. die vier Monate auf dem Rad, sondern die „Konkurrenz“ auf der Straße. Vor allem Afrikas LKW-Fahrer haben einen gefürchteten Ruf und sind bekannt dafür, Fahrradfahrer bestenfalls als Verkehrsteilnehmer dritter Klasse zu betrachten, für die man nicht extra bremsen muss. An meinem Bike werden daher zwei Spiegel sein, und ich trainiere gerade mein Gehör, um sich nähernde Gefahren besser zu erahnen (da der eine oder andere Besitzer eines tiefergelegten VW-Golfs mit „EIC“-Kennzeichen durchaus Eigenschaften afrikanischer LKW-Fahrer aufweist, ist das hügelige Eichsfeld auch diesbezüglich eine ideale Trainingsregion für mich…). Dennoch fürchte ich, dass ich an dieser Stelle die eine oder andere nicht ganz so lustige Geschichte erzählen werde, wenn wir erstmal losgefahren sind.

So weit, so gut. Wer Lust hat, ist eingeladen, diesem Blog zu folgen, denn ich werde von nun regelmäßig von meinen Vorbereitungen berichten. Von meinen Abenden zwischen den Eichsfelder Muskelmännern, von meinen Bemühungen, Visa für Sudan und Äthiopien zu kriegen und auch von meinem Unterfangen, im anbrechenden Winter die Grundlagenkondition nicht einzubüßen.

Bis bald!

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